Wahlmöglichkeiten

Das 'Ja' eines Pferdes zählt nicht, wenn es nicht 'Nein' sagen kann." (Unbekannt) 

Diesen Satz hast du vielleicht schon einmal gehört. Mich beschäftigt dieser Satz und seine Bedeutung schon länger. 


 

Ich möchte, dass meine Pferde im Training und im Umgang eine Wahl haben und freiwillig mitmachen. Deshalb sollte die Alternative zum „Ja" auch gleichwertig sein und nicht bedeuten, dass das Pferd z.B. kein Leckerli bekommt oder bestraft wird.

Dazu muss ich erst einmal definieren, was ein "Ja" und was ein "Nein" für mich bedeutet. Ein "Ja" bedeutet für mich, dass das Pferd bei mir bleibt, auf meine (antrainierten) Signale reagiert und dabei entspannt ist. Ein "Nein" wäre dann, wenn das Pferd den Trainingsort verlässt und vielleicht Heu frisst, sich einfach abwendet und nicht auf meine Signale reagiert.

Ich versuche im Training immer eine, besser sogar mehrere, Wahlmöglichkeiten bereitzustellen. Das heißt, entweder ist mein Reitplatztor geöffnet und das Pferd kann frei in den Offenstall zurücklaufen und dort Heu fressen, oder ich habe Heu direkt auf dem Reitplatz zur freien Verfügung, oder einen Ort, an dem das Pferd immer hingehen kann und ein gleichwertiges Leckerli bekommt. Wichtig ist dabei, dass das Futter, das ich im Training nutze, nicht hochwertiger als Heu ist. Dann hat das Pferd auch wirklich mehrere Wahlmöglichkeiten.

Hätte mein Pferd diese Wahlmöglichkeiten nicht, und das Pferd würde z.B. auf ein Signal nicht reagieren, also "Nein" sagen und dadurch keine Belohnung bekommen, spricht man in der operanten Konditionierung von negativer Strafe. Das "Nein" ist dann für das Pferd nicht mehr gleichwertig und dadurch kann Stress und Frust entstehen.

Wenn das Pferd jetzt aber immer „Ja" zum Training sagt, dann kann ich nicht wissen, ob das Pferd auch wirklich die Alternative, also ein „Nein", kennt. Deshalb bin ich froh, wenn eines meiner Pferde manchmal „Nein" sagt und den Trainingsort verlässt. Denn dann hat das „Ja" viel mehr Aussagekraft und erfahrungsgemäß sagen die Pferde auch viel öfter „Ja" zum Training, wenn sie eine echte Wahl haben.


Vielleicht hast du bemerkt, dass ich bis jetzt nur vom Belohnungsbasierten (Training mit positiver Verstärkung/ Futterlob) geschrieben habe. Beim herkömmlichen Training (Training mit negativer Verstärkung und positiver Strafe) ist es ein bisschen anders. Wenn wir das Ja dabei so definieren, dass das Pferd auf die Kommandos und Hilfen reagiert und das Nein, dass das Pferd auf das Kommando und die Hilfen nicht reagiert oder weggeht, dann müssen wir auch da zuerst schauen, ob das Pferd Wahlmöglichkeiten hat.
Kann das Pferd den Trainingsort verlassen, oder wird es durch Equipment begrenzt? Was passiert, wenn das Pferd weggeht? Wird dann der Zügel oder die Longe angenommen oder mit einer Peitsche getrieben? Wenn das Pferd auf eine Hilfe z.B. beim Reiten nicht hört, wird dann der Druck beibehalten oder sogar erhöht? Wenn diese Dinge bei einem Nein vom Pferd passieren, dann ist das Nein nicht gleichwertig zum Ja. Das Pferd hat in diesen Situationen also keine gleichwertigen Wahlmöglichkeiten.
Aber ist das jetzt überhaupt schlimm?

Versuche dich mal in die Situation des Pferdes zu versetzen. Wie würdest du dich fühlen? Möchtest du so behandelt/trainiert werden?
Genauso wie jeder Mensch diese Fragen anders beantworten wird, so wird jedes Pferd anders reagieren. Manche Pferde kommen damit gut klar und für andere ist es umso schlimmer.

Deshalb als Tipp, schaue auf dein Pferd und überlege, ob du vielleicht doch dein Training weiter verbessern oder verändern kannst. 

Falls du dabei Hilfe möchtest, dann schreibe mich gerne an. 

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